
Hamburg-Krimi in den Goldenen 20ern
Hamburg 1925: Das architektonisch revolutionäre Chilehaus ist gerade fertiggestellt, der Stadtteil Dulsberg entsteht, in Övelgönne startet das erste Wasserflugzeug der „Blauen Linie“ nach Dresden und am Flughafen Fuhlsbüttel staunen Besucher bei einer Flugschau. Mitten in diesen Ereignissen beginnt die junge Journalistin und Pilotin Ilka Bischop nach dem merkwürdigen Tod eines befreundeten Piloten zu recherchieren. Das bringt sie ins Visier mehrerer dubioser Männer. Denn bei ihren Recherchen stößt sie auf eine großangelegte Verschwörung, findet heraus, dass Gegner der jungen Weimarer Republik auf perfide Weise die Versailler Verträge untergraben wollen. So bauen Mittelsmänner der Reichswehr im Ausland heimlich eine Armee auf – mit Flugzeugen und -plätzen, Panzern und Funksystemen. Dieses Geheimwissen ist so brisant, dass dafür mehrere Menschen ermordet werden. Auch Bischop gerät wegen ihrer Neugier immer wieder in Gefahr. Doch dazwischen bleibt genug Zeit, die frivole Seite der Hansestadt zu entdecken. Und so gibt sie sich – ganz wie sich das für ein Flapper-Girl der Goldenen 20er gehört – dem Genuss hin: Alkohol, Kokain, Männergeschichten. Gewohnt liebevoll flicht Boris Meyn eine fiktive Handlung in historische Fakten. Und so ist „Fememord“ nicht nur ein äußerst spannender Roman, sondern auch eine interessante Geschichtsstunde, bei der allerlei bekannte Persönlichkeiten auftauchen. So trifft Bischop unter anderem Gustaf Gründgens sowie Klaus und Erika Mann. Dabei helfen auch die Schwarz-Weiß-Fotos im Mittelteil, die Flugzeuge, historische Personen, Gegenstände und Orte wie die Hamburger Stadthalle zeigen, die im Roman eine Rolle spielen. Besonders für Hamburg-Liebhaber ist „Fememord“ eine charmante Lektüre.
Boris Meyn: „Fememord“, Rowohlt, 240 S., 9,99 Euro