Mordsspaß mit der Mafia

Mordsspaß mit der Mafia

Im Mai 1992 explodiert 500 Kilogramm Sprengstoff unter einem Autobahnabschnitt, zerfetzt das Auto von Staatsanwalt Giovanni Falcone, der in den 80ern Prozesse gegen Hunderte Mafia-Mitglieder führte. Einige Monate später wird auch Falcones engster Mitarbeiter, der Staatsanwalt Paolo Borsellino bei einem Bombenattentat ermordet. Diese beiden Mafia-Attentate, die es tatsächlich gab und die Italien damals in eine Krise stürzten, bilden den Rahmen von Gianrico Carofiglios neuem Roman „Kalter Sommer“.

Geschickt webt er eine fiktive Katz-und-Maus-Jagd in die Fakten ein: In der süditalienischen Stadt Bari tobt ein regelrechter Krieg zwischen verschiedenen Mafia-Gangs, scheint mehr und mehr zu eskalieren. Als eines Tages der Sohn des Clanführers Nicola Grimaldi entführt und kurz darauf seine Leiche in einer Grube entdeckt wird, steht für Polizei und Mafia schnell fest, dass dahinter nur Grimaldis Widersacher Vito Lopez stecken kann. Doch Maresciallo Pietro Fenoglio glaubt das nicht so recht. Unerwartet stellt sich Lopez den Behörden, bietet Informationen an und packt aus. Haarklein erzählt er, wie die Mafia tickt, welche Aufnahmerituale und Hierarchien es gibt, wer in Bari welche Rolle einnimmt und wie es zu dem internen Krieg kommen konnte.

Gianrico Carofiglio wechselt in seinem Roman Erzählpassagen mit schriftlichen Vernehmungsprotokollen ab – wobei beides unglaublich spannend zu lesen ist. Denn in den Vernehmungen schildert Lopez Morde, Raube und Begegnungen, beschreibt Menschen und das Vorgehen der Mafia. Und das dürfte tatsächlich so aussehen, denn der Autor ist ehemaliger Anti-Mafia-Staatsanwalt und war im Parlament Berater für Mafia-Angelegenheiten. Dieses Buch ist so fesselnd, dass man es nicht aus der Hand legen mag, bis die letzte Seite umgeblättert ist.

Gianrico Carofiglio: „Kalter Sommer“, Goldmann, 352 S., 20 Euro

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